Themen
Co-Habitation
Entwürfe und Statements für eine Architektur des Zusammenlebens von Mensch, Flora und Fauna.
Greening Futures
Die Vorstellung einer Grünen Zukunft für unsere Städte ist gleichzeitig eine konsequente Erweiterung dieser baukulturellen Zielsetzung des Um-, An- und Weiterbauens als kreative Auseinandersetzung mit dem Bestehenden.
Prof. Mareike Gast : Materialien lebendig zu verstehen und die Eigenschaften zu nutzen. Ein Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft.
Mareike Gast ist Expertin in Materialfragen. Als Professorin für Industriedesign an der Burg Giebichenstein hat sie die Möglichkeit, direkt mit Biolog*innen, Umweltwissenschaftler*innen und KI-Expert*innen in Laboren an Materialien, Technologien und deren Anwendungen zu forschen: Im BioLab mit Bakterien und Pilzen, im XLab mit Robotik und KI sowie im SustainLab an Fragen der Nachhaltigkeit. Damit findet man an der Burg Giebichenstein ein besonders gelebtes Beispiel eines interdisziplinären Kreativteams für „Szenarien, wie man überhaupt leben will“ von Designer*innen und Naturwissenschaftler*innen. Die Forschung spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Lehre und Projektarbeit in Teams und mit der Industrie sowie die Vermittlung und Kommunikation.
Für eine nachhaltige(re) Zukunft bedarf es des interdisziplinären Dialogs und gemeinsamer Experimente. Um die vielfältigen Aspekte in ihrer Komplexität und Vernetzung nicht nur zu benennen und zu beleuchten, sondern sie zu gestalten, experimentieren wir mit Materialien, mit Hypothesen, mit Szenarien – in unseren eigenen Werkstätten und Laboren, im engen Austausch mit anderen Disziplinen und Technologiepartnern und mit den möglichen Nutzern. Wir hinterfragen Gewohntes – beispielsweise ob Kurzlebigkeit und Nachhaltigkeit (immer) einen Widerspruch darstellen. Wir erforschen kreislauffähige Materialien und Produkte als auch zirkulierende Systeme – nutzen dazu beispielsweise industrielle Abfallströme als Ressource und entwickeln konkrete Antworten, um so den brennenden Fragen mit nahbaren Visionen zu begegnen, die für eine kritische und zukunftsorientierte Debatte und eine Transformation unerlässlich sind.
Erneuerbare Materialien, Herstellungsverfahren mit lebenden Organismen sowie adaptive und resiliente Produkte und Systeme werden eine zentrale Rolle im Design und in unserer zukünftigen Lebensweise spielen. Derzeit werden ursprünglich biologische Prozesse industriell eher durch mechanische, physikalische und chemische Varianten erzeugt. Wenn wir Pilze, Algen, Bakterien und andere lebendige Materialien jedoch als unsere Partner begreifen, entstehen ganz neue Möglichkeiten. Pilze zum Beispiel, die Destruenten des Ökosystems, können fast alle Materialien, Gesteine, einige Kunststoffe und sogar Giftstoffe zersetzten, zu neuem Material umbauen und sogar transportieren, so dass diese Pflanzen wieder als Nährstoff zur Verfügung stehen. Was wäre, wenn Flechten, symbiotische Lebewesen aus Algen, Pilzen und Bakterien – typische Erstbesiedler – Fassaden im wahrsten Sinne des Wortes aufschließen, die gebundenen Materialien freigeben für neues Leben?
Algen sind eine fast ungenutzte Ressource – trotz ihrer unglaublichen Vielfalt und ihrer Fähigkeit, viel schneller zu wachsen als Landpflanzen, ohne mit anderen Nahrungsmitteln zu konkurrieren. Algen könnten in einem ersten Schritt zu Isolationsmaterial werden – tot oder lebendig. Aus Alginat werden schon jetzt Schaumstoffe hergestellt, die – im Gegensatz zu EPS – von sich aus flammhemmende Eigenschaften besitzen. Ebenso das traditionsreiche Seegras, das derzeit eher ein Ärgernis an deutschen Stränden darstellt. In Salzwasser gewachsen schimmelt es nicht, brennt schlecht, und lässt sich so gut wie gar nicht kompostieren. Aus genau diesen Gründen wurde es lange Zeit als Dämmstoff verwendet – heute ist das Sammeln und Reinigen zu teuer. In dem Hamburger Algenhaus sorgen lebendige Algen an der Fassade bereits für Verschattung. Die produzierte Algenbiomasse wird bisher nur zur energetischen Verwertung eingesetzt.
Was wäre, wenn verschiedene Organismen, uns eingeschlossen, einen Ort fänden, um neue natürliche oder auch unnatürliche Kreisläufe, Symbiosen und Zusammenspiele mit zirkulierenden Materialien zu erproben?
Die lebendigen Gardinen von Larissa Siemon mit aufgedruckten Aerophythen (Luft-Algen) wandeln Kohlendioxid in Sauerstoff um und sorgen so für ein angenehmes Raumklima als auch wachsende und sich wandelnde Farbigkeit.
Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden jährlich 1,4 Billionen Geflügeleier produziert. Dies entspricht etwa 1,5 Millionen Tonnen Eimembran – eine wertvolle Ressource. Aus Eimembran hergestellte Verpackung für Gemüse hat konservierende Eigenschaften.
Mit dem Kohleausstieg wird der Baustoff Gips knapp. Der sogenannte REA-Gips fällt derzeit als Nebenprodukt ab. Werden dann wieder natürliche Gipsvorkommen abgebaut? Oder gelingt es, ausschließlich recycelten Gips zu verwenden? Oder ist Gips zumindest als Baustoff bald unnötig? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich das Forschungsprojekt und die dazugehörige Ausstellung SOLUM – Über Böden und Erdhorizonte“ des SustainLab der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Erste Diskussionen dazu werden zur Ausstellungseröffnung am 23.9.2021 geführt.
Schlussendlich geht es darum, die Möglichkeiten, die verschiedene Technologien und Materialien mit sich bringen, aus verschiedenen Blickwinkeln und im Austausch mit anderen zu betrachten, konkrete Szenarien und Methoden zu entwickeln, explorativ Dinge daraus zu entwickeln und kritisch zu erproben.
Professorin Mareike Gast
Mareike Gast ist Expertin in Materialfragen. Als Professorin für Industriedesign an der Burg Giebichenstein hat sie die Möglichkeit, direkt mit Biolog*innen, Umweltwissenschaftler*innen und KI-Expert*innen in Laboren an Materialien, Technologien und deren Anwendungen zu forschen: Im BioLab mit Bakterien und Pilzen, im XLab mit Robotik und KI sowie im SustainLab an Fragen der Nachhaltigkeit. Damit findet man an der Burg Giebichenstein ein besonders gelebtes Beispiel eines interdisziplinären Kreativteams für „Szenarien, wie man überhaupt leben will“ von Designer*innen und Naturwissenschaftler*innen. Die Forschung spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Lehre und Projektarbeit in Teams und mit der Industrie sowie die Vermittlung und Kommunikation.
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Der Diskurs folgt vier Themen